Dienstag, 27. November 2012

Cataratas de Iguazú - Die Wasserfälle von Iguazú



Die Wasserfälle von Iguazú muss man wirklich gesehen haben. Dafür nahmen wir – ich hab gerade Besuch aus Deutschland, meine Kindergartenfreundin Carina und 2 Freundinnen von ihr – gerne die ca. 17 Stunden Busfahrt von Buenos Aires bis an die brasilianische Grenze auf uns. Und es hat sich definitiv gelohnt.

Nachdem wir am Freitag bei Regen in Misiones, den tierras coloradas  (farbige Erde, der Boden ist rot) ankamen und schon ein bisschen traurig waren deshalb, wendete sich alles zum Guten und wir konnten am Samstag trockenen Fußes zur unserer Tour auf der argentinischen Seite der cataratas (Wasserfälle) starten. Beinahe 8 Stunden liefen wir durch den Parque Nacional und waren ununterbrochen fasziniert – von der Natur, dem vielen Wasser, den Tiergeräuschen (riesige Grillen, unter anderem) und ein bisschen ängstlich, was die Nasenbären (coatíes, siehe unten) anging, da diese allesamt kleptomanisch veranlagt sind, gerne Rucksäcke und Essen klauen und einen bei Gegenwehr anscheinend auch mal beißen und kratzen. Davon blieben wir glücklicherweise verschont. 



Den Versuch, die Wasserfälle mit Worten zu beschreiben, unterlasse ich lieber gleich von vorneherein und lasse lieber meine Fotos sprechen. Nur so viel: an der Garganta del Diablo (Teufelsschlund, der Name sagt schon alles) stürzt das Wasser ca. 70 Meter in die Tiefe und das Becken, in dem es landet, ist nochmal 30 Meter tief…





Am Sonntag hatten wir dann noch eine halbtägige Tour auf der brasilianischen Seite gebucht. Nachdem man in Argentinien bis auf wenige Meter an die Wasserfälle herankommt, ist man in Brasilien zwar weiter entfernt, dafür sieht man jedoch die Ausmaße und wird sich über die Größendimensionen bewusst – Panoramaaussicht pur bei strahlendem Sonnenschein und 38 Grad.








Am Sonntagabend wurden wir dann wieder zum Busbahnhof zurückgebracht (mit der Gewissheit, dass wir über die anderen Wasserfälle dieser Welt in Zukunft nur noch müde lächeln werden) und verbrachten nochmal eine Nacht und einen halben Tag im bondi (lunfardo-argentinisches Wort für Bus), bis wir wieder in mi Buenos Aires querido ankamen.

Samstag, 13. Oktober 2012

Palacio Barolo - die "Göttliche Komödie" als Gebäude

Heute haben wir mal wieder ein bisschen Sightseeing gemacht, allem Unistress zum Trotz. Wir hatten eine Führung durch den Palacio Barolo gebucht, um uns dieses Gebäude, das lange Zeit das höchste von Buenos Aires war, und vor allem die Aussicht auf die Stadt anzusehen. Ich möchte jetzt hier gar nicht anfangen, die ganze Geschichte des Bürogebäudes aus den 20er Jahren zu erläutern, sondern hinterlasse euch einfach den Link zur Homepage, wo ihr alles genau nachlesen könnt - auf Spanisch oder Englisch: http://www.palaciobarolotours.com.ar/
Aber ein paar Fotos will ich euch dann doch nicht vorenthalten.







Freitag, 5. Oktober 2012

Seminario: Arte y Memoria – Miradas sobre el pasado reciente (Seminar: Kunst und Erinnerung – Blicke auf die jüngste Vergangenheit) in der ESMA (Escuela de Mecánica de la Armada – Mechanikerschule der Marine)



Heute, am 5. Oktober, habe ich ein Seminar zum Thema Kunst und Erinnerung in der ESMA, dem bekanntesten ehemaligen Haft- und Folterzentrum der letzten argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) besucht, in dem ca. 5000 Personen inhaftiert waren, von denen nur ungefähr 200 überlebten. Alle anderen gehören zu den über 30.000 „desaparecidos“ (Verschwundene) der Diktatur. Das Seminar fand im „Centro Cultural de la Memoria Haroldo Conti“ statt, das nach einem ebenfalls verschwundenen argentinischen Schriftsteller benannt ist und auf dem Gelände der ESMA im ehemaligen Gebäude für Waffen und Luftfahrt zu finden ist. Heute ist die ex-ESMA der wichtigste „Espacio Memoria y Derechos Humanos“ (Ort der Erinnerung und der Menschenrechte) in Buenos Aires.

Ich besuchte die Vorträge zum Thema „Nuevos Discursos sobre el Exilio: Arte y Política“ (Neue Diskurse über das Exil: Kunst und Politik), da ich in meinem Seminar über Traumatheorien eine Hausarbeit über Jugendliche schreiben möchte, die während der Militärdiktatur ins Exil gehen mussten, um ihr Leben zu retten.

Schon allein der Ort, an dem das Seminar stattfand, war also emblematisch genug, die Vorträge, die in den 4 Stunden, die ich dort war, fast ausnahmslos von ehemaligen Exilanten gehalten wurden, taten ihr Übriges: die größte Herausforderung war es, nicht in Tränen auszubrechen, was nur den wenigsten im Saal gelang, auch nicht den Organisatorinnen dieses Themenblocks oder den Vortragenden selbst. Wie eine der Rednerinnen am Ende der Vortragsreihe sagte: „Es ist schwierig, an diesem Ort zu sprechen.“  Alle Vorträge waren sehr persönlich und emotional und brachten oft die Erinnerung an verschwundene Familienmitglieder und Freunde ins Spiel; Geschehnisse, welche die Redner selbst häufig erst dazu gebracht hatten, sich der Gefahr bewusst zu werden, in der sie sich durch ihr politisches und gesellschaftliches Engagement befanden, und Argentinien zu verlassen.

Ein Exil endet nicht einfach mit der Rückkehr ins „Heimatland“. Gerade für Kinder und Jugendliche, die oft als Babys oder Kleinkinder mit ihren Eltern ins Exil gingen und daher nicht selbst über ihre Zukunft entscheiden konnten, bedeutete die „Rückkehr“ ins Heimatland der Eltern oft einen Abbruch aller Zelte in „ihrer“ Heimat und den Aufbruch in ein Land, an das sie sich gar nicht oder kaum erinnern konnten. (Die meisten Redner gehörten der Organisation „Hijas e hijos del exilio“ (Kinder des Exils) an). Auch hatten viele Argentinier zu Beginn ihres Exils, das sie oft in mehrere Länder führte, die Hoffnung, sehr bald zurückkehren zu können, den Koffer also sozusagen gar nicht auspacken und keine Nägel in die Wand schlagen zu müssen, wie Bertolt Brecht in seinem Gedicht „Gedanken über die Dauer des Exils“ schrieb. 

Im Zusammenhang mit dem Thema Exil tauchen in Argentinien immer wieder die Namen Juan Gelman, Eduardo Galeano und Mario Benedetti auf. Über Benedetti habe ich in meinem 2. Semester in Regensburg einen Essay geschrieben, der sich mit dem Begriff „desexilio“ befasst, den der 2009 verstorbene uruguayische Schriftsteller Mario Benedetti kreierte, um zu beschreiben, wie man, nach einem in seinem Fall 12 Jahre dauernden Exil, versuchen muss, sich erneut in seinem „ehemaligen“ Heimatland zu verwurzeln. 

Dazu passend, und fürs erste abschließend zu diesem Thema (das mich heute sehr beschäftigt hat), ein Ausschnitt aus einem Gedicht von Benedetti, „Pero vengo“ (http://www.poemas-del-alma.com/mario-benedetti-pero-vengo.htm)

Más de una vez me siento expulsado
y con ganas
de volver al exilio que me expulsa
y entonces me parece
que ya no pertenezco
a ningún sitio
a nadie
¿será un indicio de que nunca más
podré no ser un exiliado?

Damit es keine Beschwerden derer gibt, die des Spanischen nicht mächtig sind, hier wenigstens ein nächtlicher Versuch der Übersetzung (ich hatte das Gefühl, nicht schlafen zu können, wenn ich die geballten Eindrücke des Tages nicht gleich aufschreiben würde…):

Aber ich komme trotzdem

Mehr als einmal fühle ich mich ausgestoßen
und habe Lust, in das Exil zurückzukehren, das mich ausstößt
und dann kommt es mir so vor
als würde ich nirgendwo mehr hingehören
an keinen Ort
zu niemandem
Soll das ein Zeichen dafür sein, dass ich nie wieder
kein Exilant sein werden kann?


Hiermit wünsche ich – trotz des nicht gerade leichten Themas – eine allseits gute Nacht, bis bald!

Montag, 24. September 2012

Uruguay - Colonia del Sacramento und Montevideo

Soundtrack zum Text (je nach Wahl, zu suchen bei Youtube):
- La Vela Puerca (die ich nächste Woche in Buenos Aires live sehen werde)
- No te va Gustar (meine große uruguayische Liebe)

Von Freitag bis Sonntag war ich mit meiner Freundin und Mitbewohnerin Steffi in Uruguay. Da in Buenos Aires heute Feiertag ist, wollten wir mal ein Wochenende wegfahren und ein anderes Land kennenlernen - ein voller Erfolg!
3 Stunden Schifffahrt brachten uns am Freitag morgen nach Colonia del Sacramento, einem kleinen, verschlafenen Örtchen am Río de la Plata, dessen Centro Histórico Unesco Weltkulturerbe ist, völlig zurecht, wie sich herausstellte. Wir verbrachten also einen sehr entspannten Tag dort und erholten uns vom ständigen Lärm und quilombo (arg.: Chaos, wichtiges, ach was, seeehr wichtiges Wort in Buenos Aires!) der argentinischen Haupstadt. Wir hatten beinah schon vergessen, wie Vogelgezwitscher klingt!








Am Samstagvormittag fuhren wir dann mit dem Bus weiter in die uruguayische Hauptstadt Montevideo. Auch hier vor allem eins: Ruhe. Und erstaunlich wenig Menschen auf den Straßen. Wir waren jedenfalls gleich verzaubert von Land und Leuten und verbrachten auch in Montevideo einen wunderschönen Tag unter blauem Himmel. Nachdem wir zunächst auf ein Reggaefestival gehen wollten, was uns dann aber verwehrt blieb, da es angeblich bereits ausverkauft war, passierte das beste, was einem in einer fremden Stadt passieren kann. Wir gingen nichts ahnend in eine kleine Buchhandlung und verbrachten die nächsten 1,5 Stunden bei Grappamiel (Grappa mit Honig), Mate und Gesprächen über Gott und die Welt mit dem Buchhändler und Besitzer des Ladens (La Lupa, hier die hübsche Homepage, kann leider nur spanisch: http://www.lalupa.com.uy/). Mit einigen neuen Büchern und einem neuen Plan für den Abend ging's zum Abendessen. Später dann: Konzert in der besagten, sehr kleinen Buchhandlung, das Publikum und die Musiker dicht aneinander gedrängt, Bücher überall um uns herum und wunderschöne Musik. Danach noch ein Bier in einer kleinen Bar am Río de la Plata und plötzlich war es auch schon 2 Uhr morgens - ab ins Hostelbett.












Der nächste Tag war gleichzeitig schon unser (vorerst) letzter in Uruguay (volveremos!). Ein langer Spaziergang entlang des Río de la Plata, der hier eigentlich schon wie das Meer aussieht und der sonntägliche Markt, auf dem es wirklich alles zu kaufen gab, was man sich nur vorstellen kann, dann gings auch schon zum Busbahnhof und wir mussten die Rückreise antreten, die sich leider sehr in die Länge zog, da wir wegen zu viel Schifffverkehr nicht in den Hafen von Buenos Aires einlaufen konnten und uns eine Stunde auf dem dunklen Wasser rumtreiben mussten...

Jetzt gehts wieder mit der Uni weiter - ich freu mich aber bereits darauf, bald mehr von Lateinamerika kennenzulernen.

Mittwoch, 12. September 2012

„Facultad tomada con clases públicas por becas, edificio y contra las cesantías”



- "Fakultät besetzt mit öffentlichem Unterricht wegen Stipendien, Gebäude und gegen die Entlassungen" - um den Titel mal mehr oder minder wörtlich zu übersetzen.

Meine Fakultät wurde heute von den Studenten besetzt, was zur Folge hatte, dass die Kurse im Hof, auf der Straße oder auf den Gängen unterrichtet werden mussten. Es geht um Stipendien (becas), das Fakultätsgebäude (edificio) und die Entlassungen von Dozenten (cesantías). Die Stipendienzusammensetzung wurde wohl geändert, und jetzt sollen 125 Pesos im Monat für Kopien (ich gebe in der Woche für meine 3 Kurse mindestens 40-50 Pesos an Kopien aus), Essen und Fahrtgeld reichen. Dass das nicht aufgeht, ist offensichtlich, jedoch ist es schwierig, zu überblicken, wie das ganze vorher geregelt war und wer für was in welcher Form verantwortlich ist. Deshalb will ich mir hier keine Meinung anmaßen, sondern lediglich über die Geschehnisse berichten. Das größte Problem ist jedoch, dass der Großteil der Stipendien noch nicht ausbezahlt wurde, was angesichts der Tatsache, dass in ca. 2 Wochen „parciales“, Zwischenklausuren sind, wirklich unangenehm ist.



Auch fraglich ist, was das weitere Vorgehen ist, bzw. wie lange dieser „Streik“ anhalten wird. Meine Dozentin heute meinte, je nach Thema kann sich so eine Sache von einem Tag bis zu einem Semester hinziehen. Heute wird in einer studentischen Vollversammlung entschieden, wie es weitergeht. Na dann, das kann ja heiter werden.

Heute jedenfalls saßen wir auf dem Gang und versuchten da, unseren „Wissenschaftliches Schreiben“-Kurs durchzuziehen. War eher schwierig…zunächst saßen um uns herum noch 3 andere Seminare, und jeder versuchte, den anderen zu übertönen. Und außerdem kamen alle 5 Minuten entweder Studenten des CEFyL („Centro de Estudiantes de Filosofía y Letras“, so eine Art ASTA) mit Flugblättern, um uns über die Aktionen in und um die Fakultät aufzuklären, oder aber Patienten des „Hospital La Borda“, dem Krankenhaus für psychisch Kranke mit dem bekannten Radiosender „La Colifata“ (hier ein Link zum Dokumentarfilm-Trailer, hat sogar englische Untertitel: http://www.youtube.com/watch?v=trkmRBHL5Lc), um uns um eine Spende zu bitten, da das Krankenhaus wohl von der Schließung bedroht ist. Zum „Hospital la Borda“ aber vielleicht ein andermal mehr (ich muss mich näher informieren), da das erstens eine Geschichte für sich ist, die es wert ist, zu erzählen, und zweitens, da eine Schließung wirklich ein Verlust wäre, den man versuchen sollte, zu verhindern.



Jedenfalls brachen wir den Kurs schließlich eine halbe Stunde vor Schluss ab, weil wir unser eigenes Wort nicht mehr verstanden. Wie gesagt, man kann gespannt sein, was der Rest der laufenden Woche bringt und ob wir bald wieder „normalen“ Unterricht haben werden…

Dienstag, 4. September 2012

Gala lírica im Teatro Colón – und das beste: Freikarten



Gestern habe ich es endlich geschafft, das Teatro Colón zu besuchen. Das über hundert Jahre alte Gebäude ist wirklich beeindruckend und wurde nach langen Renovierungsarbeiten erst 2010, mit zweijähriger Verspätung nicht wie geplant zu seinem 100-jährigen Jubiläum, immerhin aber zur 200-Jahr-Feier der argentinischen Unabhängigkeit, wiedereröffnet.

Wir hatten Stehplatzkarten ganz oben im 7. Stock, genannt „Paraíso“, und konnten so eine wunderbare Aussicht von oben auf das Geschehen genießen. Das Konzert, das wir uns anhörten, wurde zur Feier der Beziehungen zwischen Südkorea und Argentinien gespielt, weswegen bestimmt das halbe, übrigens sehr gut gefüllte Theater, voller Koreaner war, die aufgeregt hin und her liefen und kein Wort von dem verstanden, was die argentinischen Platzanweiser ihnen mitzuteilen versuchten.



Wir hörten folgendes Programm:

Beethoven: Obertura „Coriolano“, Op. 62
Adam: „Ah! Vous dirais-je Maman” (“El torero”)
Verdi: “Caro Nome” (Rigoletto)
Donizetti: “Una furtiva lágrima” (“L’elisir d’amore”)
Tchaikovski: “Kuda, Kuda vi udalilis” (Evgueni Onieguin”)
Lehár: “Lippen schweigen” (“La viuda alegre”)
Offenbach: “Can Can” (“Orfeo en los infiernos”)
Les oiseaux dans la charmille (“Los cuentos de Hoffmann”)
Ahn: “Ari Arirang”,

sowie zahlreiche Zugaben.

Die koreanische Solistin Sumi Jo sang ja wirklich schön, allerdings trug sie ein Kleid, so was habe ich noch nie gesehen, das war wirklich, nun ja, sagen wir mal: amüsant. Es war rosa, bodenlang und glitzerte und flimmerte bei jeder Bewegung. Ein ebenfalls rosafarbener Schleier gehörte wohlgemerkt auch noch dazu, oh je. Außerdem war es erstaunlich bis nervig, dass das Publikum seine Begeisterung nicht im Zaum halten konnte, und so jeglicher Schlusston in begeistertem Applaus unterging. Und manchmal nicht nur der Schlusston…vielleicht lag das aber auch an dieser „Gala“ und ist sonst nicht so schlimm, ich muss sagen, ich hoffe es beinah.







Jedenfalls werde ich meine Augen jetzt immer offenhalten, um bald wieder an billige oder sogar kostenlose Eintrittskarten zu kommen, schon allein, weil das Gebäude einfach herrlich ist und die Akustik wirklich überwältigend.