Heute haben wir mal wieder ein bisschen Sightseeing gemacht, allem Unistress zum Trotz. Wir hatten eine Führung durch den Palacio Barolo gebucht, um uns dieses Gebäude, das lange Zeit das höchste von Buenos Aires war, und vor allem die Aussicht auf die Stadt anzusehen. Ich möchte jetzt hier gar nicht anfangen, die ganze Geschichte des Bürogebäudes aus den 20er Jahren zu erläutern, sondern hinterlasse euch einfach den Link zur Homepage, wo ihr alles genau nachlesen könnt - auf Spanisch oder Englisch: http://www.palaciobarolotours.com.ar/
Aber ein paar Fotos will ich euch dann doch nicht vorenthalten.
Samstag, 13. Oktober 2012
Freitag, 5. Oktober 2012
Seminario: Arte y Memoria – Miradas sobre el pasado reciente (Seminar: Kunst und Erinnerung – Blicke auf die jüngste Vergangenheit) in der ESMA (Escuela de Mecánica de la Armada – Mechanikerschule der Marine)
Heute, am 5. Oktober, habe ich ein Seminar zum Thema Kunst
und Erinnerung in der ESMA, dem bekanntesten ehemaligen Haft- und Folterzentrum
der letzten argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) besucht, in dem ca. 5000
Personen inhaftiert waren, von denen nur ungefähr 200 überlebten. Alle anderen
gehören zu den über 30.000 „desaparecidos“ (Verschwundene) der Diktatur. Das
Seminar fand im „Centro Cultural de la Memoria Haroldo Conti“ statt, das nach
einem ebenfalls verschwundenen argentinischen Schriftsteller benannt ist und
auf dem Gelände der ESMA im ehemaligen Gebäude für Waffen und Luftfahrt zu
finden ist. Heute ist die ex-ESMA der wichtigste „Espacio Memoria y Derechos
Humanos“ (Ort der Erinnerung und der Menschenrechte) in Buenos Aires.
Ich besuchte die Vorträge zum Thema „Nuevos Discursos sobre
el Exilio: Arte y Política“ (Neue Diskurse über das Exil: Kunst und Politik), da
ich in meinem Seminar über Traumatheorien eine Hausarbeit über Jugendliche
schreiben möchte, die während der Militärdiktatur ins Exil gehen mussten, um
ihr Leben zu retten.
Schon allein der Ort, an dem das Seminar stattfand, war also
emblematisch genug, die Vorträge, die in den 4 Stunden, die ich dort war, fast
ausnahmslos von ehemaligen Exilanten gehalten wurden, taten ihr Übriges: die
größte Herausforderung war es, nicht in Tränen auszubrechen, was nur den
wenigsten im Saal gelang, auch nicht den Organisatorinnen dieses Themenblocks
oder den Vortragenden selbst. Wie eine der Rednerinnen am Ende der
Vortragsreihe sagte: „Es ist schwierig, an diesem Ort zu sprechen.“ Alle Vorträge waren sehr persönlich und
emotional und brachten oft die Erinnerung an verschwundene Familienmitglieder
und Freunde ins Spiel; Geschehnisse, welche die Redner selbst häufig erst dazu
gebracht hatten, sich der Gefahr bewusst zu werden, in der sie sich durch ihr
politisches und gesellschaftliches Engagement befanden, und Argentinien zu
verlassen.
Ein Exil endet nicht einfach mit der Rückkehr ins „Heimatland“.
Gerade für Kinder und Jugendliche, die oft als Babys oder Kleinkinder mit ihren
Eltern ins Exil gingen und daher nicht selbst über ihre Zukunft entscheiden
konnten, bedeutete die „Rückkehr“ ins Heimatland der Eltern oft einen Abbruch
aller Zelte in „ihrer“ Heimat und den Aufbruch in ein Land, an das sie sich gar
nicht oder kaum erinnern konnten. (Die meisten Redner gehörten der Organisation
„Hijas e hijos del exilio“ (Kinder des Exils) an). Auch hatten viele
Argentinier zu Beginn ihres Exils, das sie oft in mehrere Länder führte, die
Hoffnung, sehr bald zurückkehren zu können, den Koffer also sozusagen gar nicht
auspacken und keine Nägel in die Wand schlagen zu müssen, wie Bertolt Brecht in
seinem Gedicht „Gedanken über die Dauer des Exils“ schrieb.
Im Zusammenhang mit dem Thema Exil tauchen in Argentinien
immer wieder die Namen Juan Gelman, Eduardo Galeano und Mario Benedetti auf.
Über Benedetti habe ich in meinem 2. Semester in Regensburg einen Essay geschrieben,
der sich mit dem Begriff „desexilio“ befasst, den der 2009 verstorbene
uruguayische Schriftsteller Mario Benedetti kreierte, um zu beschreiben, wie
man, nach einem in seinem Fall 12 Jahre dauernden Exil, versuchen muss, sich erneut
in seinem „ehemaligen“ Heimatland zu verwurzeln.
Dazu passend, und fürs erste abschließend zu diesem Thema
(das mich heute sehr beschäftigt hat), ein Ausschnitt aus einem Gedicht von
Benedetti, „Pero vengo“ (http://www.poemas-del-alma.com/mario-benedetti-pero-vengo.htm)
Más de una vez me siento expulsado
y con ganas
de volver al exilio que me expulsa
y entonces me parece
que ya no pertenezco
a ningún sitio
a nadie
¿será un indicio de que nunca más
podré no ser un exiliado?
Damit es keine Beschwerden derer gibt, die des
Spanischen nicht mächtig sind, hier wenigstens ein nächtlicher Versuch der
Übersetzung (ich hatte das Gefühl, nicht schlafen zu können, wenn ich die
geballten Eindrücke des Tages nicht gleich aufschreiben würde…):
Aber ich komme trotzdem
Mehr als einmal fühle ich mich ausgestoßen
und habe Lust, in das Exil zurückzukehren, das mich ausstößt
und dann kommt es mir so vor
als würde ich nirgendwo mehr hingehören
an keinen Ort
zu niemandem
Soll das ein Zeichen dafür sein, dass ich nie wieder
kein Exilant sein werden kann?
und habe Lust, in das Exil zurückzukehren, das mich ausstößt
und dann kommt es mir so vor
als würde ich nirgendwo mehr hingehören
an keinen Ort
zu niemandem
Soll das ein Zeichen dafür sein, dass ich nie wieder
kein Exilant sein werden kann?
Hiermit wünsche ich – trotz des nicht gerade
leichten Themas – eine allseits gute Nacht, bis bald!
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